A. Auswahl einschlägiger Quellen
Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags bestätigten wiederholt die Möglichkeiten, die Standortwahl und Anlagenerrichtung zu beeinflussen (siehe Ausarbeitung WD 7-3000-210/10 auf S. 13 ff.; ferner „Rechtschutzmöglichkeiten gegen die Errichtung von 5G-Mobilfunkanlagen“, WD 3-3000-034/20, S. 7).
Mitteilung des Städte- und Gemeindebundes NRW 149/2010 vom 18.03.2010:
„Wenn der ernsthafte Wunsch nach einer Einflussnahme auf die Standortwahl besteht, führt aus unserer Sicht kein Weg an der Aufstellung eines Mobilfunkkonzeptes vorbei.“
Der Bay. Gemeindetag ist Partner des sog. Mobilfunkpaktes aus d.J. 2002, der 2015 unbefristet fortgeschrieben wurde. Aus der Präambel:
„Der Ausbau der Mobilfunknetze soll umwelt- und sozialverträglich erfolgen.“
Begründung des Bundesrates zu § 7a der 26. BImSchV, Drucksache 209/13 (S. 4):
„Die Regelung entspricht im Kern den Vereinbarungen der Mobilfunknetzbetreiber mit den kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr 2001. Diese Vereinbarungen haben sich in der Praxis bewährt, wenn es darum geht, die Vorsorge zu stärken und Akzeptanz der Mobilfunkinfrastruktur zu verbessern. Beispielsweise können kommunale Mobilfunkkonzepte zur Anwendung kommen (siehe auch die Entscheidung des BVerwG (4 C 1/11) vom 30.08.2012). Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollte die Beteiligung der Kommunen gesetzlich verankert werden.“
Das Rundschreibens des BayStMB („Baurechtliche Beurteilung von Mobilfunkanlagen“ vom 22.01.2021) hält auf S. 17 zur gemeindlichen Beteiligung fest, dass die LAI-Hinweise aus d.J. 2014 zur Anwendung empfohlen sind. Dort wiederum heißt es (auf S. 40):
„Der Berücksichtigungspflicht genügt der Betreiber insbesondere dadurch, dass er Standortvorschläge der Kommune überprüft und bei Eignung bevorzugt verwirklicht.“
Kühling, 5G/Mobilfunk durch gesamträumliche Planung steuern (Jan. 2021), S. 88:
„Ein Mobilfunkkonzept stärkt natürlich die Position der Gemeinde auch jenseits der Frage einer bauleitplanerischen Vorgabe (…). Mit fundierten Aussagen aus einem Mobilfunkkonzept ist die Gemeinde eher in der Lage, den Aussagen der Betreibergesellschaften zur funktechnischen Versorgung eine eigene Sicht entgegenzusetzen …“
Fazit im Fachaufsatz von Nitsch/M-L Weiss/Frey, NVwZ 2020, 1642 (1648):
„Ein kommunales Mobilfunkkonzept – eventuell auch unter Beteiligung der Bürgerschaft – erleichtert die Standortsuche und schafft Akzeptanz. Mit Hilfe eines solchen Mobilfunkkonzepts können konfliktträchtige Standorte bestmöglich vermieden, gleichzeitig aber auch der flächendeckenden Mobilfunkversorgung Rechnung getragen werden.“
H. T. Weiß, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öff. Baurechts, Stand Sept. 2017, Kap. Z VI Rn. 126 ff.:
Pro „städtebauliches Handlungskonzept“, das die kommunalen Ziele bei der Festlegung von Standorten für Mobilfunksendeanlagen und die Vorgehensweise zur Zielerreichung bestimmt. Dies „kann der kommunalen Beteiligung in den Dialogverfahren eine Struktur geben. Es kann zudem im Einzelfall Grundlage für planerische Festsetzungen sein, soweit solche notwendig werden sollten.“
Bsp. für Beplanung des Außenbereichs auf Fundament eines Konzepts: BayVGH vom 16.07.2012 – 1 CS 12.830.
Ohne Priorität, ob die (ggf. konzeptbasierte) Standortsteuerung für Mobilfunkanlagen mit bauleitplanerischen Mitteln oder im Rahmen bzw. im Vorfeld eines Einzelgenehmigungsverfahrens auf konsensualem Weg erfolgen soll, der BayVGH in einem Beschluss vom 01.03.2018 (Konkurrenz von Bürger- und Ratsbegehren, Az. 4 CE 18.495).
Dass ein solches Konzept nicht nur statthaft, sondern auch sinnvoll ist und Erfolg verspricht (Schonung des Umfelds), ist offenkundig für das BVerwG längst ausgemacht. Siehe den Beschluss vom 17.11.2015: Die Frage, ob ein kommunales Mobilfunkkonzept, das bei Anfragen für Standorte für Hochfrequenzanlagen im Sinne der 26. BImSchV eine Standortalternativenprüfung vorsieht, (nicht nur in Dialog und Bauleitplanung, sondern sogar) ein relevanter Gesichtspunkt für die Ausübung des Befreiungsermessens nach § 31 Abs. 2 BauGB sein kann, rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Sie lässt sich nicht verallgemeinernd, sondern nur einzelfallbezogen unter Rückgriff auf die jeweilige Zielsetzung des Konzepts beantworten (Az. 4 B 35.15).
B. Zu Methode und Aufwand
Ein solches Konzept lässt sich förmlich beschließen und damit verbindlich machen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB).
Man kann durchaus proaktiv alle kommunalen Flächen gutachterlich untersuchen, um etwas Verlässliches über die Verträglichkeit des aktuellen Bestands von Anlagen und mögliche schonendere Alternativen zu erfahren, denn jede Vertragslaufzeit ist endlich und manchmal eignen sich alte Standorte ohnehin nicht mehr für neue Technik.
Oft sieht man es aber als verhältnismäßiger und lohnender, mit dem „Konzept“ bezogen auf den Gesamtraum der betr. Gemeinde/Stadt einen theoretischen Rahmen zu ziehen, wie man grundsätzlich als Reaktion auf sog. Suchkreisanfragen der Betreiber (bzw. deren Subunternehmer) mit diesen umgehen will. Man setzt sich also Ziele wie etwa die „geringstmögliche Immissionsbelastung“ und macht Vorgaben für Verfahrensabläufe (Ansprechpartner; Hinzuziehung eines unabhängigen Sachverständigen; Lösungsversuch im Dialog und Vorbehalt von bauleitplanerischem Zwang). Im Einzelfall des jew. Suchkreises (und in dessen relevantem Umfeld) erfolgt dann die praktische Umsetzung, damit zuletzt ein Vorschlag unterbreitet werden kann, der den städtebaulichen Interessen (und damit dem Wohl der Allgemeinheit) unter den gegebenen Umständen am besten dient.
Wird das Angebot dann trotzdem nicht angenommen und wäre der mithin streitige Standort mit den Ideen der Konzeption nicht vereinbar, knüpft ggf. eine Bauleitplanung an. Das BauGB hat dafür die nötigen Instrumente, im Außen- wie auch Innenbereich.
Nicht immer initiiert die Betreiberseite den Dialog rechtzeitig, also im noch ergebnisoffenen Stadium. Auch läuft die Kontaktaufnahme zu Eigentümern nicht immer über deren Kommune (etwa gestützt auf § 86a der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung – GBV). Privateigner von Grundstücken, denen ein Akquisiteur auf die Türschwelle tritt, sind also – auch ohne, aber vor allem mit einem solchen Konzept – aufgefordert, sich vor Unterzeichnung eines Vertrags vertrauensvoll an ihre Kommune zu wenden. Stets ist zu bedenken, dass ein Mast, ob nun im/auf dem Dach oder in der Nähe frei postiert, eine Minderung des Miet- oder Verkaufswerts bedeutet (BGH vom 24.01.2014 – V ZR 48/13; laut BGH vom 30.03.2006 – V ZB 17/06 – kann der Verlust sogar „gravierend“ sein) und Haftung als sog. Zustandsstörer besteht, so LG Münster im Juni 2022 zum Az. 08 O 178/21 (mit den mahnenden Worten, dass die Fehleinschätzung von „wissenschaftlich begründeten Zweifeln“ am Gesundheitsschutz in den Verantwortungs- und Risikobereich des Vermieters fällt). Daher liegt es im ureigenen Interesse, sich über die Verträglichkeit des Standorts mit dessen Umfeld in Kenntnis zu setzen; das fällt leicht, wenn die Kommune konzeptbasiert und gutachterlich begleitet auf dem Laufenden ist.