Soll man künftig Masten und Türme mit Antennen des Mobilfunks „schwarz“ bauen dürfen, um eine Genehmigung der Bauaufsicht ggf. nachzuholen (oder auch nicht)?
In dem Sinne ein Betreibervorstoß an die Adresse der „Ampel-Koalition” vom 18.01.2022 (SZ).
Dazu ein kritisches Interview: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail?newsid=1792
Eine Fiktion anderer Art wurde zum 01.07.2023 in Bayern Wirklichkeit.
Art. 68 Abs. 2 S. 2 BayBO:
„Betrifft ein Bauantrag die Errichtung oder Änderung einer Mobilfunkanlage, gilt Satz 1 mit der weiteren Maßgabe, dass die Frist nach Art. 42a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG sechs Monate beträgt.“
Und Art. 42a Abs. 1 S. 1 BayVwVfG:
„Eine beantragte Genehmigung gilt nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist.“
Bedeutet:
a) Sofern ein Mobilfunkmast überhaupt noch genehmigungspflichtig ist, denn
„Antennen und Antennen tragende Masten mit einer freien Höhe bis zu 15 m, im Außenbereich bis zu 20 m“
sind gem. Art. 57 Abs. 1 Nr . 5a) BayBO
und „Antennen und Antennen tragende Masten für den Mobilfunk und die zugehörigen Versorgungseinheiten mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 10 m³, die zur Schließung von Versorgungslücken für längstens 24 Monate aufgestellt werden“
gem. Art. 57 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BayBO
ohnehin verfahrensfrei,
b) und die Bauaufsichtsbehörde nicht schnell genug zum Abschluss kommt,
gilt der betreffende Mast als genehmigt. Das ist zwar ggf. schriftlich zu bescheinigen (Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG), es gibt aber keine Begründung insbes. zum Abweichen
von nachbarschützenden Vorschriften (Art. 68 Abs. 3 BayBO ist gem. Abs. 2 S. 4 nicht anwendbar).
Das war einmal mehr (vgl. Müggenborg, NuR 2021, 16, 20) „gute Lobbyarbeit“. Es entsteht gleichwohl kein rechtsfreier Raum:
Weder Genehmigungsfreiheit noch Genehmigungsfiktion entbinden von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt. So Art. 55 Abs. 2 BayBO.
Es kann z.B. der Denkmalschutz oder das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt sein.
Vor allem kann und sollte eine Kommune in Dialog (26. BImSchV) und ggf. Bauleitplanung auf die Standortwahl lenkend Einfluss nehmen.