Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen:
Seit Beginn dieses nunmehr zu Ende gehenden Jahres 2018 gilt bekanntlich für alle seither abgeschlossenen Verträge das neue gesetzliche Werkvertrags-und Baurecht einschließlich der Bestimmungen zum Verbraucherbauvertrag, zum Architekten- und Ingenieurvertrag und auch zum Bauträgervertrag.
Wenngleich Letztere auch sehr spärlich ausgefallen sind, so haben sie doch eine enorme Wirkung, denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll in den Fällen, in denen der Bauträger die Bauleistung nicht vertragsgerecht herstellt, die Erwerberin nicht mehr die Möglichkeit haben, den Bauträgervertrag teilweise zu kündigen nur im Hinblick auf die noch ausstehende Bauleistung.
Vielmehr soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (Gesetzesbegründung Bundestagsdrucksache 18/8486, Seite 80) in einem solchen Fall die Erwerberin nur noch die Möglichkeit haben, von dem Vertrag insgesamt zurückzutreten mit der Folge, dass die Erwerberin nicht mehr Eigentümerin werden kann.
Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass in diesem Fall die zu Gunsten der Erwerberin eingetragene Auflassungsvormerkung nicht bestehen bleiben kann und z.B. auf Verlangen des Verwalters des insolventen Bauträgers die Erwerberin die zu ihren Gunsten immer noch eingetragene Auflassungsvormerkung (diese verschwindet ja nicht von selber, wenn ihre Existenzberechtigung erlischt) löschen lassen muss.
Ich denke, wir sind uns weiterhin darüber einig, dass in diesem Fall die von der Erwerberin geleisteten Zahlungen, auch wenn diese voll und ganz in Übereinstimmung mit der MaBV verlangt und bezahlt worden sind, völlig ungesicherte Vorleistungen darstellen mit der Konsequenz, dass im Falle des Vermögensverfalls des Bauträgers diese Zahlungen verloren sind, soweit sie nicht als normale Insolvenzforderungen noch mit einer Insolvenzquote bedient werden.
Mich würde im Hinblick darauf, dass diese Gesetzeslage nun schon fast ein Jahr besteht, interessieren, wie die Notarkammer die Frage beurteilt, ob nicht im Hinblick auf diese Rechtslage besondere Belehrungspflichten des Notars bestehen bzw., vorangehend, schon Pflichten, andere Gestaltungen aufzuzeigen, welche dazu führen, dass die vom Erwerber geleisteten Zahlungen im Falle des Scheiterns des Vertrages und der Insolvenz des Bauträgers nicht verloren sind.
In Parenthese gesagt: Wir fallen mindestens zwei Wege ein, wie auch bei der neuen Gesetzeslage der Verbraucher sich vor dem völligen Verlust seiner bezahlten so genannten Raten retten kann, aber diese Wege dürften nur wenigen bekannt sein und setzen eine rechtzeitige und kompetente Rechtsberatung der Erwerberin bzw. des Erwerbers bei sich abzeichnender Gefahrenlage voraus.
Ein falscher Schritt in diesem Zusammenhang kann nicht mehr korrigiert werden.
Im Ergebnis kann jedenfalls von einem wirksamen Verbraucherschutz des Bauträgererwerbers keine Rede sein, deshalb noch einmal die Frage:
Sehen Sie hier speziell im Hinblick auf die hier beschriebene Sachlage eine besondere Belehrungspflicht der Notare, und wenn ja, wie können Notare dieser nachkommen?
Oder sind Sie der Meinung, dass Notare über diese Situation überhaupt nicht aufklären müssen?
Und weil ich Ihnen schon schreibe, möchte ich noch auf ein anderes Thema eingehen, was mich schon länger belegt:
Wie Sie wissen, kann der Erwerber vom Bauträger verlangen, dass dieser die erstmalige Erschließung im Sinne von Baugesetzbuch und Kommunalabgabengesetz für die „verkaufte“ Immobilie mit übernimmt, dass also diese erstmalige Erschließung im so genannten Erwerbspreis enthalten ist.
Sie wissen auch, dass die Kommune überhaupt nicht interessiert, wer im Innenverhältnis zwischen zwei Vertragspartnern für die Herstellung bzw. Bezahlung dieser erstmaligen Erschließung zuständig ist, und dass diese die Personen in Anspruch nimmt, welche zum Zeitpunkt des Fälligwerdens der Beiträge Eigentümer sind.
Das kann durchaus der Erwerber sein, der dann zweimal zahlt:
Einmal an den Bauträger und einmal an die Gemeinde.
Hierzu lese ich regelmäßig in Notarvertrag nur die die folgende sinngemäße lapidare Formulierung:
„Der Notar hat auf dieses Risiko hingewiesen. Trotz Belehrung über alternative Gestaltungsmöglichkeiten erklärt der Erwerber, keine Sicherungen oder anderweitige Gestaltung zu wünschen.“
Sind Sie nicht der Meinung, dass der Notar in diesen Fällen dokumentiert konkrete Sicherungsmöglichkeiten aufzeigen muss, z.B. einen weiteren Einbehalt vom Erwerbspreis in Höhe der voraussichtlichen Erschließungskosten, bis eine Bestätigung der zuständigen Gemeinde vorliegt, dass diese bezahlt oder durch den Bauträger besichert sind?
Wie stehen Sie zu meiner Meinung, dass für den Fall, dass die hier angesprochenen ausdrücklichen, für den Verbraucher-Erwerber verständlichen, dokumentierten Belehrungen über Sicherungsmöglichkeiten für die Erwerber unterbleiben, der Urkundsnotar jedenfalls subsidiär für beim Erwerber entstandene Schäden haftet?
Mit freundlichen kollegialen Grüßen