Die Konsequenzen der Grundsatzentscheidung des BGH vom 20.02.2018 zu dem Az. VII ZR 46/17 sind noch längst nicht alle erfasst und verstanden. Der BGH hat diese Entscheidung seither mehrfach bestätigt und damit überdeutlich gezeigt, dass er nicht daran denkt, diese Rechtsprechung in absehbarer Zeit wieder zu ändern (vergleiche z.B. Entscheidung vom 05.07.2018 – VII ZR 35/16, Volltext z.B.: IBRRS 2018, 2482).
Zusammengefasst ergibt sich folgender Ausgangspunkt: Zunächst einmal hat ein Auftragnehmer (im Gesetz „Unternehmer“ genannt) schuldhaft mangelhaft geleistet, es liegt also ein mindestens fahrlässiger Ausführungsfehler vor. Sodann hat der Auftragnehmer entgegen seiner gesetzlichen und vertraglichen Pflicht trotz Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Frist diesen Mangel nicht beseitigt. Der Auftragnehmer ist also doppelt vertragsbrüchig. Nur unter diesen Voraussetzungen kann der Auftraggeber (im Gesetz „Besteller“ genannt) Schadenersatz geltend machen. Zwar ist ein Mangel an sich kein Schaden, jedoch erklärt das Gesetz bei diesem – doppelt vertragswidrigen – Verhalten des Auftragnehmers den Mangel zum Schaden, welchen der Auftraggeber liquidieren kann.
Unter diesen Voraussetzungen billigt der BGH der Besteller folgende Möglichkeiten zu:
1. Der Besteller kann den Schaden berechnen, in dem er eine Vermögensbilanz anfertigt, in welcher der Wert der betroffenen Immobilie oder Anlage mit Mangel dem Wert ohne Mangel gegenübergestellt wird und die Differenz als Schaden geltend gemacht wird.
Dieser Ansatz stellt den von seinem Vertragspartner doppelt vertragswidrig behandelten Auftraggeber vor folgende Probleme:
Bei einem angespannten oder gar überhitzten Immobilienmarkt wird eine Preisdifferenz z.B. zwischen Wohnung mit Mangel und Wohnung ohne Mangel regelmäßig nicht nachzuweisen sein.
Überhaupt ist die Festlegung des Wertes einer Immobilie eine äusserst problematische Angelegenheit.
Nach dem Gesetz (§ 194 Baugesetzbuch) ist der Wert einer Immobilie der Verkaufspreis, welcher sich zum gegebenen Zeitpunkt am Markt unter Ausscheidung von Besonderheiten erzielen lässt. Schwankungen von 15 % nach oben oder unten sind bei Wertgutachten hinnehmbar. Die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten sollen auch nicht quasi durch die Hintertür angesetzt werden. D. h., es nützt auch nichts, wenn ein Käufer oder Kaufinteressenten dem Verkäufer bestätigt: „Ich habe als Verkäufer den Preis um die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten reduziert.“ Das Gericht darf zwar die mangelbedingte Wertminderung nach § 287 ZPO schätzen – ja schon, aber nach welchen Kriterien? Bei solch schwankenden Grundlagen wird es mit einer Schätzung jedenfalls dann schwierig, wenn völlige Willkür nach dem Motto „Mittagessen x Donnerstag“ vermieden werden soll.
2. Der Besteller kann den Schaden so berechnen, dass er den Werklohn um den Wert der nicht vertragsgerechten Leistung mindert (Quasi-Minderung); im Beispiel:
Ein Fugenband und sein technisch richtiger Einbau in ein Betonbauteil (z. B. Wand-Boden-Fuge eines als sog. „weisse Wanne“ ausgeführten Kellers) kosten einige 100 EUR. Die nachträgliche Ausführung einer wirksamen Abdichtung gegen drückendes Wasser kostet z.B. dann, wenn die Aussenanlagen bereits vollständig angelegt sind, mehrfach fünfstellige Beträge.
Fazit
Wenn der Besteller nicht weitgehend rechtlos sein will bei einem schuldhaft verursachten Mangel eines doppelt vertragsbrüchigen Auftragnehmers, und wenn dieser Auftragnehmer nicht für sein mehrfach vertragswidriges Verhalten reichlich belohnt werden soll, dann bleibt dem Auftraggeber nur die Durchführung der Mängelbeseitigung. Diese muss er wenigstens nicht vorfinanzieren, sondern kann auch nach Geltendmachung von Schadenersatz dafür einen Vorschuss verlangen. Der Besteller ist in solchen Situationen in einer angesichts der Haltung des BGH ausgesprochen schwierigen Situation. Die sich hier stellenden Probleme können nur bei sorgfältiger und rechtzeitiger Beratung gelöst werden. An unseren Kanzleistandorten in Wasserburg am Inn, Rosenheim und Ebersberg steht Ihnen ein im Baurecht erfahrener Rechtsanwalt unserer Kanzlei für die erforderliche Beratung zur Verfügung. Fragen Sie bei uns in Wasserburg am Inn, Rosenheim oder Ebersberg nach, wir beraten Sie anwaltlich in allen Fragen des Baurechts.