Das Bundesarbeitsgericht nähert sich in seiner neuesten Entscheidung der Frage „was heißt ´bereits zuvor´ an …
Nach § 14 Abs. Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen bis zu maximal zwei Jahren nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Was „bereits zuvor“ bedeutet, bleibt nach wie vor spannend. Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) zunächst erneute sachgrundlose Befristungen auch dann für zulässig erachtet hat, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 06.06.2018 dieser Rechtsprechung eine Absage erteilt, da diese dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widerspricht und die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschreitet. Das Bundesverfassungsgericht stellte aber gleichzeitig fest, dass ein generelles Verbot wegen Vorbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar sein könne, wenn z. B. die Vorbeschäftigung „sehr lang“ zurückliegt.
Hierüber hatten wir in unserem Blogbeitrag vom 30.07.2018 bereits berichtet.
Die Frage, wann eine Vorbeschäftigung „sehr lang“ zurück liegt, hat das BAG zwischenzeitlich in drei weiteren Entscheidungen eingegrenzt. In seiner Entscheidung vom 23.01.2019 stellte das BAG fest, dass eine Unterbrechung von acht Jahren nicht ausreichend ist. In einer weiteren Entscheidung vom 20.03.2018 entschied das BAG, dass auch eine Vorbeschäftigung von acht Jahren und neun Monaten noch nicht „sehr lang“ genug zurückliegt, um eine sachgrundlose Befristung zu rechtfertigen.
In seiner jüngsten Entscheidung vom 21.08.2019 (Az. 7 AZR 409/16) entschied das BAG nunmehr, dass jedenfalls eine 22 Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung einer erneuten sachgrundlosen Befristung nicht mehr entgegensteht:
„Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot der sachgrundlosen Befristung in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.“ (Quelle: Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 29/19 des BAG vom 21.08.2019)
Was der Gesetzgeber mit seiner Formulierung in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG mit „bereits zuvor“ gemeint hat, lässt sich damit vermeintlich eingrenzen: 8 Jahre und 9 Monate Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen sind nicht ausreichend für eine sachgrundlose Befristung, 22 Jahre hingegen schon.
Rechtssicherheit allerdings besteht für Arbeitgeber in der Frage, wann bei einer Vorbeschäftigung trotzdem erneut ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne sachlichen Grund zulässig ist, nach wie vor nicht:
Das BAG lässt in seiner aktuellsten Entscheidung vom 21.08.2019 weiter Raum für Einzelfallentscheidungen, wenn es ausführt, dass 22 Jahre Unterbrechung „regelmäßig“ für eine erneute sachgrundlose Befristung ausreichen. In dem vom BAG am 21.08.2019 zu entscheidenden Fall stellte das BAG weiter fest:
„Besondere Umstände, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten, liegen nicht vor.“ (Quelle: Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 29/19 des BAG vom 21.08.2019)
Welche „besonderen Umstände“ auch bei einer 22 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung einer sachgrundlosen Befristung entgegenstehen können, bleibt offen.
Fazit
Die Frage, wann bei einer Vorbeschäftigung dennoch ohne Sachgrund ein befristetes Arbeitsverhältnis zulässig vereinbart werden kann, kann rechtssicher nicht beantwortet werden. Die Sach- und Rechtslage muss unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprüft werden. Eine unzulässige sachgrundlose Befristung ist unwirksam, es besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dieses Risiko können Arbeitgeber nicht ausschließen, allenfalls minimieren. Hierfür ist es wichtig, sämtliche Umstände des Einzelfalls bereits vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrag und insbesondere auch vor Aufnahme der Arbeit durch den Arbeitnehmer sorgfältig zu prüfen
Unsere erfahrenen Rechtsanwälte und Fachanwälte beraten Sie hierbei gerne an unseren Kanzleistandorten in Wasserburg am Inn, Rosenheim und Ebersberg.