Ausbildungsverträge werden für die Dauer der Ausbildungszeit abgeschlossen. In der Regel allerdings werden die Prüfungsergebnisse bereits vor Ablauf der festgelegten Ausbildungszeit bekanntgegeben. Besteht der Auszubildende die Prüfungen, so beschäftigen Ausbilder ihren Auszubildenden nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses oftmals erst einmal weiter, beispielsweise bis zur Zeugnisvergabe oder bis zum Ende der Ausbildungszeit.
Eine solche Weiterbeschäftigung nach Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse allerdings kann entscheidende Rechtsfolgen nach sich ziehen und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründen.
Gemäß § 21 Abs. 1 BBiG endet das Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich mit Ablauf der Ausbildungszeit. Gemäß § 21 Abs. 2 BBiG endet es bei Bestehen der Abschlussprüfung jedoch schon früher mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisse durch den Prüfungsausschuss. Wird der Auszubildende nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses weiterbeschäftigt, wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet – oft ungewollt.
Einen solchen Sachverhalt und die Frage, wann ein Ausbildungsverhältnis endet, hatte das Bundesarbeitsgericht jüngst zu entscheiden:
Die Parteien hatten einen Berufsausbildungsvertrag für die Zeit vom 01.09.2011 bis 31.08.2014 abgeschlossen. Der Auszubildende bestand seine Abschlussprüfungen vor dem 31.08.2014 am 22.08.2014. Am selben Tag wurde dem Auszubildenden das Prüfungsergebnis mitgeteilt. Dem Ausbilder war das Prüfungsergebnis jedenfalls am 25.08.2014 bekannt. Der Auszubildende wurde zunächst ohne weitere Vereinbarung bis zum 29.08.2014 weiterbeschäftigt und erhielt hierfür seine Ausbildungsvergütung. Am 29.08.2014 schlossen die Parteien dann einen befristeten Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund für die Zeit vom 30.08.2014 bis 29.08.2015. Dieser Vertrag wurde sodann bis zum 29.08.2016 verlängert.
Gegenstand des Rechtsstreits war, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung am 29.08.2016 geendet hat. Das war nicht der Fall. Die Klage des ehemaligen Auszubildenden auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 29.08.2016 fortbesteht, hatte Erfolg. Entscheidend war die Weiterbeschäftigung nach Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse:
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (Urteil vom 20.03.2018 – 9 AZR 479/17), dass das Ausbildungsverhältnis bereits mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses gemäß § 21 Abs. 2 BBiG endete. Hierzu stellte das Bundesarbeitsgericht in seinen Leitsätzen klar:
1. Die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 21 Abs. 2 BBiG vor Ablauf der Ausbildungszeit durch Bestehen der Abschlussprüfung tritt nur dann ein, wenn das Prüfungsverfahren abgeschlossen und dem Auszubildenden das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt worden ist. Ist für das Bestehen der Abschlussprüfung nur noch die erfolgreiche Ablegung einer mündlichen Ergänzungsprüfung in einem einzelnen Prüfungsbereich erforderlich, tritt das vorzeitige Ende des Berufsausbildungsverhältnisses mit der verbindlichen Mitteilung des Gesamtergebnisses in diesem Fach ein.
2. Die gesetzliche Fiktion des § 24 BBiG, durch die bei Beschäftigung des Auszubildenden im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als begründet gilt, setzt als subjektives Tatbestandsmerkmal grundsätzlich voraus, dass der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit und endet das Berufsausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 2 BBiG mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, genügt die Kenntnis, dass die vom Auszubildenden erzielten Prüfungsergebnisse zum Bestehen der Abschlussprüfung ausreichen.“
Durch die faktische Weiterbeschäftigung des ehemaligen Auszubildenden in der Zeit vom 25.09.2014 bis 29.09.2014 ohne ausdrückliche Vereinbarung ist die gesetzliche Fiktion des § 24 BBiG eingetreten, wonach zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als begründet galt.
Wegen dieses Arbeitsverhältnisses wiederum waren die darauf hin abgeschlossenen sachgrundlosen Befristungen des Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG („Vorbeschäftigungsverbot“) unwirksam, so dass nach der gesetzlichen Fiktion des § 16 TzBfG das Arbeitsverhältnis als unbefristet begründet galt.
Ausbildungsbetrieben ist deshalb anzuraten, eine Weiterbeschäftigung nach Absolvieren der Abschlussprüfungen gut zu bedenken, jedenfalls vorsorglich vorher eine ausdrückliche Vereinbarung zu treffen.
Gleiches gilt bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen. Wird ein Arbeitnehmer tatsächlich entweder schon vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt oder arbeitet ein Arbeitnehmer nach Ende eines wirksam befristeten Arbeitsvertrages vor Abschluss des „Verlängerungsvertrages“ weiter, besteht zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Da die Befristung wirksam nur schriftlich erfolgen kann, muss der befristete Arbeitsvertrag vor Arbeitsaufnahme unterzeichnet werden.