In vielen Arbeitsverträgen finden sich sog. Ausschlussfristen, aufgrund derer arbeitsvertragliche Ansprüche deutlich vor Ablauf der allgemeinen dreijährigen gesetzlichen Verjährungsfrist verfallen können. Ziel solcher Ausschlussfristen ist es, möglichst schnell Rechtsklarheit und Rechtsfrieden zu schaffen.
Entsprechende Ausschlussfristen verlangen, dass arbeitsvertragliche Ansprüche gegenüber der anderen Partei innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen. Teilweise finden sich in Arbeitsverträgen sog. zweistufige Ausschlussfristen, wonach die Ansprüche bei Ablehnung oder Nichtäußerung der anderen Partei klageweise geltend gemacht werden müssen.
Das allerdings erfordert gerade in Bezug auf Ansprüche im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis schnelles Handeln und im Falle einer sog. zweistufigen Ausschlussfrist auch schnelle Klageerhebung.
Nun hat das Bundesarbeitsarbeitsgericht am 20.08.2018 (Az. 5 AZR 262/17) allerdings entschieden, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen über die geltend gemachten Ansprüche die Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Satz 1 BGB hemmen. Das bedeutet letztlich eine Verlängerung der Ausschlussfrist für die Dauer der Vergleichsverhandlungen. Der Zeitraum, während dessen die Vergleichsverhandlungen andauern, wird entsprechend § 209 BGB in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet. § 302 Satz 2 BGB, der bestimmt, dass die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt findet nach Bundesarbeitsgericht auf arbeitsvertragliche Ansprüche keine Anwendung.
In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall hatte ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung geklagt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht und bei Ablehnung innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bei Gericht anhängig gemacht werden müssen, ansonsten verfallen sie. Der Arbeitnehmer hatte seine Ansprüche rechtzeitig, also innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit, gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht. Der Arbeitgeber lehnte die Ansprüche ab, wies in seinem Schreiben allerdings darauf hin, dass er eine einvernehmliche Lösung anstrebe. In der Folgezeit führten die Parteien über die von ihnen beauftragten Rechtsanwälte Vergleichsverhandlungen, welche allerdings letztlich erfolglos blieben. Daraufhin erhob der Arbeitnehmer Klage, dies allerdings erst nach Ablauf von drei Monaten nach dem Ablehnungsschreiben des Arbeitgebers. Dieser berief sich dann auf die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist und wendete ein, die Ansprüche seien verfallen, da die Klage erst nach Ablauf der Ausschlussfrist eingereicht worden sei. Dieser Auffassung folgte das Bundesarbeitsgericht mit obiger Begründung nicht. Der klagende Arbeitnehmer hatte die Ausschlussfrist gewahrt, weil diese für die Dauer der vorgerichtlichen Vergleichsverhandlungen gehemmt war.
Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist äußerst praxisrelevant. Sie dient einerseits der Vermeidung lediglich fristwahrender Klagen, wenn die Parteien außergerichtlich erfolgversprechende Vergleichsverhandlungen führen. Ob hiermit allerdings dem eigentlichen Zweck solcher Ausschlussfristen, nämlich die Schaffung schneller Rechtsklarheit und schnellen Rechtsfriedens, gedient wird, bleibt fraglich.
In der arbeitsrechtlichen Praxis sollten Anspruchsgegner, die sich auf den Verfall von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis berufen wollen, jedenfalls darauf achten, außergerichtliche Vergleichsgespräche entweder ausdrücklich abzulehnen oder aber deren Scheitern unmissverständlich und nachweisbar zu äußern.
Anspruchstellern hingegen ist trotz der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgericht dringend anzuraten, auf Nummer sicher zu gehen und vertraglich vereinbarte Ausschlussfristen auch einzuhalten.
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