§ 550 BGB bestimmt, zunächst wenig spektakulär, Folgendes:
„Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.“
Die Parteien von Gewerbemietverträgen, wenn also Flächen z. B. für Büros, Praxen oder Einzelhandel vermietet werden, schließen üblicherweise sog. Zeitmietverträge; somit ist nach § 550 BGB Schriftform erforderlich. Der Abschluss eines Zeitmietvertrags entspricht nämlich zumeist der beiderseitigen Interessenlage: Der Mieter hat seinen Umzug an einen neuen Standort geplant und benötigt in der Regel eine gewisse Investitionssicherheit für seine nun beginnende gewerbliche Nutzung; schließlich wird z. B. der Mieter von Büroräumen in Inventar für diese Räume investieren und sich auf eine Mindestnutzungsdauer von meistens mindestens fünf, oftmals auch zehn Jahren oder länger einrichten. Umgekehrt hat auch der Vermieter Interesse an der Bindung eines solventen Mieters für einen Mindestzeitraum, zumal bei eigenen Investitionen in das Mietobjekt, um gerade diesen Mieter zu gewinnen. Und der Käufer einer Gewerbeimmobilie verknüpft seine Renditeerwartungen mit vorhandenen Mietverträgen und deren weiterer Laufzeit, vorhandene Mietveträge und deren verbleibende Laufzeit haben damit entscheidenden Einfluss auf die Kaufpreisfindung. Deshalb hat die Vollständigkeit und Richtigkeit des schriftlichen Mietvertrags eine große, von der Rechtsprechung immer wieder betonte Bedeutung.
Allerdings kann sich die jeweilige Interessenlage verändern: Der Mieter z. B. einer defizitär betriebenen Einzelhandelsfläche hat Interesse daran, die Fläche rasch wieder loszuwerden – und nicht erst in fünf oder zehn Jahren. Der Vermieter einer günstig vermieteten Gewerbefläche könnte nach einigen Zeit daran interessiert sein, die Fläche neu zu vermieten, wenn sich das örtliche Mietniveau zwischenzeitlich deutlich erhöht haben sollte. In derartigen Situationen erinnern sich Mietvertragsparteien gerne an § 550 BGB und suchen taktisch motiviert nach einem Mangel der Schriftform. Ein solcher Mangel der Schriftform kann nach den Vorgaben der Rechtsprechung schon dann vorliegen, wenn sich die Mietvertragsparteien außerhalb des schriftlichen Vertrags auf den Tausch eines Kfz-Stellplatzes einigen. Auch bereits eine nur geringfügige Änderung der vereinbarten Miete muss schriftlich vereinbart werden (z. B. um EURO 20 erhöhte Miete bei einer Gesamtmiete von EURO 1.350,00). Und das bedeutet, dass ein Schriftstück mit beiderseitiger Unterschrift hergestellt werden muss (sog. Nachtrag zum Mietvertrag), in dem eine solche Vertragsänderung inhaltlich eindeutig dokumentiert ist.
Bei Vermietung einer erst noch im Bau befindlichen Immobilie „vom Reißbrett weg“ kann es erhebliche Probleme bereiten, wirklich alle wesentlichen vertraglichen Bestimmungen korrekt im Vertrag zu erfassen, denn bei vielen Bauvorhaben gibt es Änderungen der Ausführung wegen Umplanung noch kurz vor Fertigstellung.
In der Praxis der Vertragsgestaltung hat man versucht, Probleme dieser Art zu antizipieren durch sog. Schriftformheilungsklauseln. Solche Klauseln sollten die Mietvertragsparteien wechselseitig verpflichten, den Mietvertrag quasi stets auf neuestem Stand zu halten und es im Bedarfsfall nachträglich schriftlich festzuhalten, wenn es zu Vertragsänderungen gekommen war. Diese Art von Vertragsklausel ist jedoch nach einer neueren Entscheidung des BGH unwirksam (BGH vom 27.09.2017, XII ZR 114/16). Zwar lässt der BGH einen Ausweg offen, da er in manchen Fällen einen Verstoß gegen den übergeordneten Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, darin sieht, wenn eine Mietvertragspartei sich zum eigenen Vorteil auf einen Mangel der Schriftform beruft.
Dennoch: Es hilft nur sorgfältige Vertragsgestaltung und Wachsamkeit, wenn man als Vermieter oder Mieter von Gewerberäumen den beschriebenen Problemen entgehen will.