Die rechtliche Handhabe des „Dieselgate“ steht stärker denn je in der Diskussion des Verbraucher- und Umweltschutzes, siehe den sog. Krisengipfel am 2.8.2017, wie aber auch der folgende Fall aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit – auch zu den Grenzen nationalen Rechts – zeigt:
Die EU hat bereits in der VO (EG) 715/2007 Zweifel geäußert, ob die gegenwärtigen Testverfahren geeignet sind, um sicherzustellen, dass die in dem gültigen Prüfverfahren gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen. Deshalb wurden erste Schritte zu einer realistischeren Prüfung mit den Verordnungen (EU) 2016/427 vom 10.3.2016 – Einführung eines sog. RDE-Verfahrens – und (EU) 2016/646 vom 20.4.2016 unternommen. Fraglich ist, ob das auch bereits erteilte EG-Typgenehmigungen betrifft. Denn nun hat ein anerkannter Umweltverband nach § 123 VwGO einen gewagten Eilantrag zum Verwaltungsgericht Schleswig gestellt, dem Kraftfahrt-Bundesamt aufzugeben, vorläufig im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland den Verkauf von solchen Neufahrzeugen der Euro-Stufe-6 mit Selbstzündungsmotor zu untersagen, die noch nicht erstmals zugelassen worden sind und die im realen Fahrbetrieb den Emissionsgrenzwert der o.g. Verordnung 715/2007 für Stickstoffoxyd von 80 mg/km überschreiten. Das lehnte das Gericht jedoch – aus recht formalen Gründen – ab. Die Tatbestandsvoraussetzungen eines Verkaufsverbotes – Art. 10 Abs. 5 der Verordnung (EG) 715/2007 – lägen nämlich nicht vor. Diese Vorschrift befuge nicht zu einem Vorgehen gegen Inhaber einer aktuellen EG-Typengenehmigung für Fahrzeugtypen, denen auf der Grundlage der bisher geltenden Prüfverfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus – NEFZ) die Einhaltung des Euro-6-Grenzwertes schon bescheinigt wurde. Vielmehr ziele diese Vorschrift darauf ab, dass nach einem bestimmten Zeitpunkt keine Kraftfahrzeuge mehr durch Erstzulassung in den Verkehr gelangen, die lediglich den früheren Euro-5-Grenzwert einhalten. Deshalb könne das Schleswiger Verwaltungsgericht nicht das Kraftfahrt-Bundesamt (mit Sitz in Flensburg, daher der Gerichtsstand) auf nationalstaatlicher Ebene dazu verpflichten, von zwingendem Unionsrecht abzuweichen (Beschluss vom 27.3.2017, Az. 3 B 41/17).