A. Suchkreisanfrage wegen „Ausbauverpflichtung“
Immer wieder hört und liest man, dass das Mobilfunknetz weiter ausgebaut werden müsse. So ergeht es vor allem den Kommunen, denen von den Betreibern bzw. in deren Vollmacht von Subunternehmen sog. Suchkreisanfragen gestellt werden, die den „Dialog“ eröffnen (§ 7a der 26. BImSchV). Diese Anfragen sehen in etwa wie folgt aus, in Anlehnung an ein Originalschreiben vom Mai 2021:
Die Fa. T. plant, die Infrastruktur für mobiles Breitband in Ihrer Kommune weiter zu verbessern und in dem auf beiliegender Karte gekennzeichneten Bereich eine neue Sende- und Empfangsanlage zu errichten. Mit dieser Anlage werden wir künftig für mobile Telefon- und Breitbanddienste in den entsprechenden Technologien (GSM, LTE, 5G) bedarfsorientiert die Frequenzen aus unserem von der Bundesnetzagentur zugeteilten Spektrum von 700 MHz bis 3600 MHz einsetzen.
Soweit hierbei ein baugenehmigungspflichtiger Mast errichtet wird, so werden wir diesen in der Regel auch anderen Netzbetreibern zur Verfügung stellen, insbesondere im Zuge der Erfüllung der Ausbauverpflichtungen aus der Lizenzvergabe 2019 durch den Bund.
Entsprechend § 7a der 26. BImSchV und der bestehenden Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze geben wir Ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Erörterung der geplanten Baumaßnahme. Die vorgenannten Abstimmungsverfahren gehen davon aus, dass eine Abstimmung i.d.R. innerhalb von acht Wochen abgeschlossen wird. Um dieses gemeinsame Ziel erreichen zu können, bitten wir innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens um Rückmeldung, ob Sie dieses Mitwirkungsangebot aufgreifen möchten.
Sollten wir keine Rückmeldung bzw. keine Standortvorschläge von Ihnen erhalten, wählen wir einen geeigneten Standort aus, informieren Sie mittels einer weiteren Information über unseren Standortkandidaten und leiten im Anschluss die zugehörigen Schritte für die Realisierung ein.
Soweit für die Errichtung der Anlage öffentlichrechtliche Genehmigungen erforderlich sind, werden wir diese in der Umsetzung des Vorhabens jeweils rechtzeitig beantragen. Wir werden Sie in jedem Fall vor einem Baubeginn schriftlich informieren. Die Dokumentation der Inbetriebnahme erfolgt in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur. Netzbetreiber und kommunale Spitzenverbände stellen dazu weitere Informationen bereit. Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Der beiliegende Plan enthält einen Kartenausschnitt mit einem markierten Kreis, Oval oder Wolkengebilde. Innerhalb dieses Areals soll also ein neuer Standort akquiriert werden. Man hat also (mehr oder minder fundiert) die Versorgungslage untersucht und sich Ziele gesetzt. Eine finale „Standortanalyse“ ist das aber noch nicht. Diese kann erst erfolgen, wenn sich die Auswahl konkretisiert. Erst dann lassen sich (potentielle) Standorte analysieren. Das macht Befahrungen erforderlich, wenn die Kommune – das ist er auch von § 7a der 26. BImSchV gewollte Idealfall – eine Rückmeldung gegeben hat (vgl. Blog „Plädoyer für Mobilfunkkonzepte“). Es kommt durchaus vor, dass man an den Rand des Suchkreises oder auch über ihn hinausgeht, gerade dann ist die Kommune aber (nochmals) einzubinden, denn es könnten sich ja damit neue Alternativen ergeben.
B. Verfassungsauftrag der Grundversorgung
Im o.g. Bsp. ist von einer „Ausbauverpflichtung“ die Rede. Es gebe, so heißt es auch gern, einen entsprechenden (staatlichen) Auftrag. Ihm bzw. dem vermeintlich überwiegenden Allgemeinwohl wird zugeschrieben, einen leichten baurechtlichen Zugang zu haben, Standorte mehr oder minder nach Belieben zu errichten. Zumindest sei (wie etwa bei der Befreiung von einem landschaftsrechtlichen Verbot oder in der Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 7 BauGB) im Rahmen von Abwägungs- und Ermessensentscheidungen das Gewicht der Belange der Mobilfunkanbieter erhöht.
Dieses Gerücht hält sich – trotz aller Kritik u.a. des Verfassers seit BauR 2006, 1399 (1405) – hartnäckig. Es war und ist aber nicht richtig.
Nach Art. 87 f Abs. 1 GG gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, „flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen“. „Angemessen“ meint die Beschaffenheit (Qualität) und „ausreichend“ die Menge (Quantität), s. auch Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, zu Art. 87 f GG in Anm. 3.
Dieser GG-Artikel ist kein unverbindlicher Programmsatz, sondern ein Verfassungsauftrag mit der – allerdings begrenzten – rechtlichen Bindungskraft einer Staatszielbestimmung (vgl. BT-Drs. 12/7269 auf S. 5, 7 und 10; BT-Drs. 12/8108 auf S. 6). Vom Staat mag, anders als bspw. bei Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatssatz) und Art. 20a GG (Umwelt), hier auch eine gewisse Ergebnisverantwortung für die Infrastruktur übernommen worden sein. Gerade dann dürfen die Anforderungen (an den Gesetzgeber) aber nicht überspannt werden. Art. 87 f Abs. 1 GG ist „kein Optimierungsgebot, sondern eine Mindestgarantie nach Maßgabe eines bloßen Untermaßverbotes“ (Möstl, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Werkstand Juli 2021, Art. 87 f Rn. 65). Also: „materielle Basissicherung“ (Möstl, a.a.O., Rn. 67). Eine Festlegung auf „bestimmte Mittel der Einlösung“ erfolgt erst recht nicht (a.a.O., Rn. 63 und 69). Das bedingt zugleich, dass einzelne – auch neue – Dienste nicht von vornherein überall zur Verfügung gestellt werden müssen (Ruge, a.a.O.).
Siehe z.B. OVG Münster, Urteil vom 11.09.2012 – 8 A 104/10 (keine Befreiung von landschaftsrechtlichem Verbot): wenn man Grundversorgung unterstellt, wäre auch nur „Mindestversorgung“ gefordert; dass der Mobilfunk grundversorgend sei, hat auch das VG Köln im Urteil vom 09.05.2019 – 4 K 3147/18 – mit Nachdruck hinterfragt und dem betr. Mast die denkmalrechtliche Erlaubnis verwehrt.
C. Universaldienste
Aus dieser verfassungsrechtlichen Grundentscheidung folgt kein subjektives Recht, dass jeder Unternehmer oder Verbraucher die Versorgungsart „Mobilfunk“ einklagen könnte.
Damit hat auch die Politik entsprechende Spielräume. Herzstück des staatlichen Grundversorgungsauftrags (s. Punkt B) war – bzw. terminologisch mit ihm gleichgesetzt wurde – bis dato das traditionelle Konzept in § 78 TKG a.F. Dessen Absatz 1 definierte den sog. Universaldienst als
„Mindestangebot an Diensten für die Öffentlichkeit, für die eine bestimmte Qualität festgelegt ist und zu denen alle Endnutzer unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang haben müssen und deren Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist.“
In der Auflistung in Absatz 2 fehlte der Mobilfunk. Daraus hatte der BayVGH schon am 18.03.2003 die Konsequenz gezogen, dass auch eine Lizenzauflage nicht Pflichtaufgabe sein kann (Az. 15 N 98.2262); diese Entscheidung wurde vom OVG Sachsen im Urteil vom 05.07.2023 – 1 A 418/20 – immerhin aufgegriffen (Rz. 54).
Sehr dezidiert der VGH Baden-Württemberg: Urteil vom 02.06.2015 – 8 S 634/13.
Das o.g. OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 11.09.2012) bezweifelte zumindest explizit die sog. Indoor-Versorgung.
Auf den Punkt gebracht – „dass der Mobilfunk nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht dem Grundversorgungsauftrag unterfällt“ – wird dies alles in der online verfügbaren „Baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunkanlagen“ des BayStMB vom 28.07.2023 auf S. 22 (wie schon in der Vorgängerfassung vom 22.01.2021 auf S. 19). Link: https://www.stmb.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/24_baurechtliche_beurteilung_mobilfunkanlagen_2023-07-28.pdf
Die apodiktische Antwort zu Frage 4 in BT-Drs. 19/2136 vom 15.05.2018, ob die Bundesregierung der Ansicht ist, dass der Mobilfunk zum Mindestangebot an öffentlichen Telekommunikationsdienstleistungen zählt und sich demnach für eine Aufnahme in die sog. Universaldienste des § 78 TKG einsetzt: „Nein“.
D. Versorgungsauflagen
Das Universaldienstmodell taugte für die Konservierung eines Status quo an Leistungsstandards, wird aber als (zu) schwerfällig angesehen, wenn es um neue Netze geht. An deren Stelle rücken daher andere, vormals als eher „randständig“ (Möstl, a.a.O., Rn. 82) betrachtete Regulierungswerkzeuge wie in den diversen Versteigerungsrunden mit Vorgaben für (bislang unterversorgten) ländlichen Raum:
Wenn der Staat, sozusagen aus freien Stücken, Frequenzen zur Nutzung freigibt, dann ist nach BVerwG vom 17.08.2011 – 6 C 9.10 – zum Investitionsschutz die Effizienz der Nutzung zu fordern (ebenso dann auch OVG Münster mit Beschluss vom 09.10.2014 – 13 A 432/14). In diesem Fall ist eine Möglichkeit die Verpflichtung der Zuteilungsinhaber, eine entsprechende Versorgung sicherzustellen. Heißt: die Betreiber müssen außer Bezahlung der Lizenz auch noch etwas mehr leisten, damit sie ihrerseits gutes Geld damit verdienen können. Insbesondere sollen sie nicht nur die sprichwörtlichen „Rosinen picken“ dürfen in Ballungsräumen.
Dass Betreiber eine „lizenzvertragliche Versorgungspflicht“ (VG Bayreuth vom 21.03.2013- B 2 K 10.1120) ggü. dem Staat haben, von dem sie die Lizenz kauften, also „Auflagen“, bedeutet trotzdem noch längst keinen „öffentlichen Versorgungsauftrag“ (entgegen OVG Lüneburg vom 10.11.2009 – 1 LC 236/05 – mit ablehnender Anmerkung des Verfassers in BauR 2010, 1157 ff.), also eines solchen des Staates bzw. für den Staat, gleichsam als hoheitliche Ermächtigung oder gar Zwang (zur Verspargelung der Landschaft).
Sehr aufschlussreich, mit welchen Gründen von Betreiberseite die Entscheidung der Präsidentenkammer der BNetzA als Bundesoberbehörde vom 26.11.2018 angefochten wurde, die sog. Versorgungsverpflichtungen beinhaltet u.a. für Haushalte (Abdeckung von mindestens 98 % der Haushalte in jedem Bundesland mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Mbit/s bis 31.12.2022) und Landes-/Staatsstraßen (Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s bis 31.12.2024); zu „5G“ heißt es, dass der Zuteilungsinhaber bis Ende 2022 im Bereich 3,6 GHz 1.000 Basisstationen in Betrieb nehmen muss. Die (vom Betreiber) verklagte Bundesrepublik erwiderte laut Urteil des VG Köln vom 17.02.2020 – 9 K 8499/18 (das Verfahren wird aufgrund BVerwG vom 20.10.2021 – 6 C 13.20 – noch fortgesetzt) erfolgreich:
„Die Klägerin mache zwar zutreffend geltend, dass Mobilfunk nicht zu den Universaldienstleistungen nach § 78 TKG zähle. Der von ihr – der Klägerin – im Anschluss daran erblickte Widerspruch zwischen dem Universaldienstregime und Versorgungsauflagen, die eine annähernd flächendeckende Versorgung mit breitbandigen Datenraten forderten, bestehe indes nicht. Es sei bereits nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin davon ausgehe, nahezu die gesamte Fläche der Bundesrepublik Deutschland müsse versorgt werden. Anknüpfungspunkt der Versorgungsauflagen seien vielmehr Haushalte und Verkehrswege. Insoweit gelte im Übrigen, dass die Versorgung der Verkehrswege nicht von jedem Zuteilungsinhaber alleine sichergestellt werden müsse. Darauf komme es letztlich aber auch nicht an. Denn die Klägerin lasse im Rahmen ihrer Argumentation entscheidende Unterschiede zwischen dem Universaldienstregime der §§ 78 ff. TKG und der Auferlegung von Versorgungsverpflichtungen unberücksichtigt. Universaldienstleistungen zielten auch auf die Erschwinglichkeit der Entgelte, beträfen jeden Anbieter, der auf dem sachlich relevanten Markt tätig sei, und adressierten auch solche Situationen, in denen ein Dienst nur defizitär erbracht werden könne. Versorgungsauflagen überließen hingegen die Ausgestaltung der Entgelte den Anbietern. Zudem würden lediglich die Zuteilungsinhaber zum Mobilfunknetzausbau verpflichtet. Soweit die Klägerin das Universaldienstregime als milderes Mittel einstufe, übersehe sie in diesem Zusammenhang ferner, dass sich Unternehmen einer (ohnehin auf feste Standorte bezogenen) Universaldienstverpflichtung – anders als den Versorgungsverpflichtungen – nicht entziehen könnten. Mit Blick auf die Befristung der bisherigen Frequenzzuteilungen bestehe auch kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, das eigene Geschäftsmodell unter dauerhaftem Rückgriff auf den bisherigen Frequenzbestand fortführen zu können. Überdies sei auch davon auszugehen, dass die Versorgungsverpflichtungen wirtschaftlich erfüllt werden könnten, so dass insgesamt ein Konflikt zwischen den in der Präsidentenkammerentscheidung enthaltenen Versorgungsauflagen und dem Universaldienstregime nicht zu erblicken sei. Schließlich übersehe die Klägerin, dass Versorgungsauflagen neben das Universaldienstregime der §§ 78 ff. TKG träten. Frequenznutzungsbestimmungen einschließlich des Versorgungsgrades würden in § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 TKG ausdrücklich vorgesehen. Damit habe der Gesetzgeber für den Bereich der Frequenznutzung ein System zur Sicherstellung einer Versorgung mit funkgestützten Telekommunikationsdienstleistungen etabliert, das sich vom Universaldienstregime unterscheide und neben dieses trete. Dieses System verfolge den Zweck einer effizienten Nutzung von Frequenzen, der sich von der Funktion der Universaldienste unterscheide, eine Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten zu gewährleisten. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei anerkannt, dass unterschiedliche Regelungsmaterien des Telekommunikationsgesetzes keine gegenseitige Sperrwirkung entfalteten. Dies gelte auch für das Verhältnis zwischen Versorgungsauflagen einerseits und Universaldienstregime andererseits. Daher seien Versorgungsauflagen auch dann (verfassungsrechtlich) zulässig, wenn sie über einen unverzichtbaren Standard der Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten hinausgingen.“
Und weiter: Die Klägerin könne „kein Gebot zur Gewinnmaximierung ableiten“. Es bestehe „kein Anspruch auf eine exklusive Nutzung öffentlicher Frequenzressourcen zur Befriedigung von Unternehmensinteressen unter vollständiger Ausblendung gegenläufiger Gemeinwohlinteressen.“
E. Anspruch gegen „Diensteverpflichtete“ nach dem Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKMoG)
Mit dem TKMoG wurde ein Europäischer Kodex für die elektronische Kommunikation zum 01.12.2021 umgesetzt. Es enthält neben dem 230 Paragrafen umfassenden TKG auch Änderungen in knapp 60 weiteren Gesetzen. Aber: nicht alles neu macht die Revision des TKG. Die bisherige Universaldienstverpflichtung (siehe oben C und D) wurde in den Breitbandbereich weiterentwickelt, wobei auf die Begrifflichkeit „universaler“ Dienste verzichtet wird, wenngleich der Regelungskern bleibt, wie sich im Folgenden zeigt:
§ 156 Abs. 1 n.F. lautet:
Endnutzer haben gegenüber Unternehmen, die durch die Bundesnetzagentur nach § 161 Absatz 1, 2 oder 3 verpflichtet worden sind (Diensteverpflichtete), einen Anspruch auf Versorgung mit den von der Verpflichtung umfassten Telekommunikationsdiensten nach § 157 Absatz 2, einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses an ein öffentliches Telekommunikationsnetz, an ihrer Hauptwohnung oder an ihrem Geschäftsort, soweit diese sich in dem von der Verpflichtung umfassten Gebiet befinden.
Gibt der Staat damit jedem und überall ein schnelles mobiles Netz bzw. fordert es ein? Darum geht es nicht. Denn, s. Begr. in BR-Drs. 29/21, S. 413:Inhaltlich handelt es sich dabei (nur) um einen „Anspruch auf Vertragsabschluss„. Für den Vertrag gelten die Kundenschutzvorschriften aus Teil 3. Anspruchsinhaber sind alle Endnutzer, also natürliche und juristische Personen sowie andere rechtsfähige Personenvereinigungen. Anspruchsgegner sind die Unternehmen, die in dem Gebiet, in dem sich die Hauptwohnung oder der Geschäftsort des Endnutzers befindet, zur Versorgung mit Telekommunikationsdiensten verpflichtet sind, gleich ob man eine Verpflichtungszusage abgegeben hat oder verpflichtet wurde.
Und § 157 Abs. 2:
Mindestens verfügbar sein müssen Sprachkommunikationsdienste sowie ein schneller Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe im Sinne des Absatzes 3, einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses an ein öffentliches Telekommunikationsnetz an einem festen Standort.
Worum geht es also dann? BR-Drs. 29/21, S. 414:
„In Anlehnung an den Universaldienstkatalog der Richtlinie (EU) 2018/1972 müssen nunmehr mindestens Sprachkommunikationsdienste und ein für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe hinreichend schneller Internetzugangsdienst verfügbar sein, einschließlich eines entsprechenden Anschlusses an ein öffentliches Telekommunikationsnetz.“
Weiter auf S. 415:
So hat der bereits seit 2009 andauernde Abbau von (damals noch 94.000) öffentlichen Münz- und Kartentelefonen durch die Deutsche Telekom AG (10 Jahre später waren nur noch rd. 16.000 in Betrieb) nicht zu einer unzureichenden Versorgung mit Sprachkommunikationsdiensten an „für jedermann zugänglichen Standorten“ geführt. Und zum Telefax: das spielt zwar immer noch eine wichtige Rolle im Geschäfts- und Rechtsverkehr, die Versendung eines Faxes ist aber auch in IP-fähigen Netzen möglich und daher eine Aufrechterhaltung des Telefaxes als Universaldienst nicht mehr erforderlich.Die nunmehr noch aufgeführten Dienste orientieren sich an den Diensten, die für alle Endnutzer mindestens verfügbar sein sollen. „Das TKG trifft keine Vorentscheidung darüber, mit welcher Technologie diese Dienste erbracht werden können.“ Der Endnutzer hat somit keinen Anspruch auf mobiles Netz oder einen leitungsgebundenen Anschluss oder darauf, alle Dienste aus einer Hand zu erhalten. „Bei der Verfügbarkeit der Dienste für Endnutzer spielen daher auch alle Technologien eine Rolle. Entscheidend ist ausschließlich, dass der Anschluss an das öffentliche Telekommunikationsnetz, unabhängig von der bis dahin genutzten Technologie, an einem festen Standort erfolgt.“
Die „klassischen“ Telekommunikationsdienste stehen nach wie vor „im Fokus des Rechtsrahmens“ (BR-Drs. auf S. 230). Aber auch im Übrigen will das Gesetz nicht mehr (aber auch nicht weniger) als den „Zugang aller Teile der Bevölkerung zu diesen Netzen und die Versorgung mit den für eine Teilhabe erforderlichen Diensten“.
Zum Breitband, a.a.O. auf S. 234/235:
„Ein Internetzugang in einer ausreichenden Qualität ist erforderlich, um Dienste wie Videotelefonie zu nutzen oder Teleheimarbeit zu ermöglichen.“
Weder wird der Mobilfunk zum „Mittel der Wahl“ erklärt, das der Staat bzw. die von ihm verpflichtete bzw. sich verpflichtende Industrie einsetzen müsse und erst recht nicht reicht eine (Selbst-) Verpflichtung über eine Versorgung mit der Note „Vier“ hinaus. Alles andere, wenn also stets und an jedem Ort das Hochwertigste am Markt zu verlangen wäre, würde sogar ein Innovationshindernis darstellen und könnte zu Eingriffen in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Entscheidungsfreiheit der Anbieter führen (s. schon Freund, NVwZ 2003, 408, 410 f.). Nicht zuletzt die Betreiber würden sich dagegen verwahren.
Vgl. den Koalitionsvertrag der sog. „Ampel“ 2021-2025, die „mehr Fortschritt wagen“ will, bei der Digitalisierung aber trotzdem (oder gerade deshalb) die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser an die erste Stelle setzt (S. 8). Und räumlich bezogen (S. 16): „Insbesondere dort, wo der Nachholbedarf am größten ist, allen voran weiße Flecken, investieren wir.“
In etlichen vor allem erstinstanzlichen Gerichtsentscheidungen zu „Funkmasten“ wird trotz allem ein Versorgungsauftrag schlicht unterstellt bzw. mit dem (angeblichen) „Allgemeininteresse“ an der Lückenlosigkeit von Anlagen und Netz bzw. zumindest störungsfreien Teilnahme am Mobilfunk vermengt (Bsp.: VG München vom 12.07.2017 – M 9 K 16.2882). Und das pflanzt sich dann sozusagen fort, durch Zitate an anderer Stelle. So die Fachkommissionen Städtebau und Bauaufsicht der Bauministerkonferenz in ihren Hinweisen zur baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunkanlagen vom 28.08.2020 auf S. 14. Es ändert freilich nichts an der Unrichtigkeit. Die besagte Kommission führt BVerwG 4 C 2.12 an; dort heißt es aber nur, dass der Mobilfunk (unbestritten) eine öffentliche Versorgungsanlage im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist und die Unternehmen daher eine „Versorgungsaufgabe“ erfüllen.
Bezeichnend daher, dass auch in der Rubrik „häufig gestellter Fragen“ auf https://www.mobilfunk.bayern/foerderprogramm (Herausgeber: BayStMWi) die völlig zutreffende Auskunft gegeben wird:
„Zu einem flächendeckenden Ausbau sind Mobilfunkanbieter gesetzlich nicht verpflichtet. Die Mobilfunkanbieter wählen die Standorte für Mobilfunkmasten eigenständig und passend zu ihrem jeweiligen Netz aus. Sie orientieren sich dabei an wirtschaftlichen Gegebenheiten.“
F. Gewerbeausübung im öffentlichen Interesse
Was ist der Mobilfunk also dann? Zunächst: ein Gewerbe (BayVGH vom 02.08.2007 – 1 BV 05.2105). Mit ihm wollen die Unternehmer, was ja legitim ist, einen möglichst hohen Umsatz machen. Seine Ausübung für „angemessene und ausreichende“ mobile Telefonie und Datendienste kann zugleich im (einfachen) öffentlichen Interesse liegen: § 1 Abs. 6 Nr. 8d BauGB nannte früher schon den Belang des Telekommunikationswesens; das am 23.06.2021 in Kraft getretene sog. Gesetz zur Mobilisierung von Bauland (BGBl. I S. 1802) fügte insoweit bloß deklaratorisch „insbesondere des Mobilfunkausbaus“ an. Dies hat dann – seit eh und je – vor allem die gerecht abwägende Bauleitplanung zu beachten (dazu BVerwG vom 30.08.2012 – 4 C 1.11). Diese hat sich mit den (steigenden) Wünschen der Mobilfunkindustrie oder durchaus auch ortsansässiger Verbraucher bzw. Firmen zu befassen. Besonderes Augenmerk ist auf Funklöcher draußen im Freien zu richten, also eine „störungsfreie Teilnahme“ am Mobilfunk (s.o. OVG Münster vom 11.09.2012) in einem mithin „stabilen“ Netz (BT-Drs. 19/24838 auf S. 20).
Staat und im Auftrag die Betreiber haben aber keine Herrschaftsgewalt, Masten und Antennen zu setzen. Auch die Versorgungsplots, die farbig Bereiche vermeintlicher Unterversorgung u.a. für „autonomes Fahren“ oder dergleichen aufzeigen sollen, haben nichts von einer alle immissions- und städtebaurechtlichen Besorgnisse überstrahlenden „Obrigkeit“, für die Grundstücke in Beschlag genommen werden könnten.
Fazit
Nach wie vor (wie schon treffend OVG Münster vom 06.05.2005 – 7 B 2752/04), wenn sich ein Betreiber bei der Gemeinde/Stadt meldet (siehe oben Punkt A): kein „Freibrief“ für Masten.